Auch im Jahr 2024 stellt die Möglichkeit der Patentierung von softwarebasierten Erfindungen für viele Unternehmen ein zentrales Thema dar. In Anbetracht des rasanten technologischen Fortschritts sind viele Unternehmen bestrebt, ihre Software-Innovationen durch Patente zu schützen. Insbesondere KI-gestützte Tools eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, ihre Prozesse und Produkte neu zu entwickeln.
Der folgende Artikel erläutert, unter welchen Voraussetzungen softwarebasierte Erfindungen patentrechtlichen Schutz erlangen können.
Warum Software als solche in Europa grundsätzlich nicht patentierbar ist
In Europa gelten für die Patentierung von Software strenge Regeln, die in erster Linie darauf abzielen, nur technische Erfindungen zu schützen. Nach dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) sind „Programme für Datenverarbeitungsanlagen“ als solche von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.
Der Grund für diese Einschränkung liegt in der Natur von Software: Sie wird oft als abstrakte Anweisung zur reinen Ausführung von Rechenoperationen betrachtet, was überwiegend den Charakter eines mathematischen Verfahrens hat. Doch ein rein mathematisches Verfahren, sei es nun auch neu und erfinderisch, ist dem Patentschutz nicht zugänglich.
Dieses grundsätzliche Verbot wurde eingeführt, um sicherzustellen, dass Patente ausschließlich für Erfindungen erteilt werden, die eine neue und erfinderische technische Lösung eines entsprechenden technischen Problems darstellen. Der Zweck dieser Regelung besteht darin, zu verhindern, dass allgemeine Geschäftsmodelle, administrative Abläufe oder einfach nicht-technische Ideen durch Patente monopolisiert werden. In der Praxis bedeutet dies, dass ein Patentanspruch auf Software nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Software eine spezifische technische Wirkung erzeugt und über die reine Verarbeitung von Daten hinausgeht.
Strategien zur Patentierung von softwarebasierten Erfindungen
Im Bereich, der im Wesentlichen auf softwarebasierenden Patenten beruht, hat sich der Begriff der computerimplementierten Erfindungen (CII) durchgesetzt. CII basieren auf dem Ansatz, dass sie darauf ausgelegt sind, eine klare technische Lösung für ein technisches Problem zu bieten. Dabei stellt die Software einen integralen Bestandteil der speziellen technischen Umsetzung dar.
Technischer Charakter der Erfindung
Der erste und wichtigste Ansatz besteht darin, den technischen Charakter der Software hervorzuheben. Beispiele hierfür sind:
- Verbesserung der Effizienz von Computersystemen: Eine Software, die die Verarbeitungsgeschwindigkeit eines Computers erhöht oder den Energieverbrauch reduziert, kann als technischer Beitrag gelten.
- Technische Optimierung: Algorithmen, die beispielsweise die Sicherheit von Kommunikationssystemen erhöhen oder die Genauigkeit von Messsystemen verbessern, können ebenfalls als technischer Beitrag gelten.
Ausrichtung auf die verwendete Hardware
Ein weiterer Ansatz zur Patentierung von softwarebasierten Erfindungen ist die Verknüpfung der Software mit spezifischer Hardware. Hierbei wird nicht die Software allein, sondern die gesamte Computer-implementierte Erfindung, bestehend aus Software und Hardware, patentiert. Beispiele hierfür sind:
- Embedded Systems: Software, die fest in ein Gerät integriert ist und dessen Funktion steuert, wie etwa die Software für ein Steuerungsverfahren von autonomen Maschinen.
- Spezialisierte Hardwarelösungen: Software, die spezifisch für die Nutzung auf bestimmter Hardware entwickelt wurde, wie z. B. ein Algorithmus, der auf einem speziellen Prozessor zur Bildverarbeitung läuft, möglicherweise unter der Anwendung eines neuronalen Netzwerks.
Rechtsprechung des Europäischen Patentamts:
Der Weg zur Patentierbarkeit von Software
Im Laufe der Jahre wurden in Entscheidungen des Europäischen Patentamts (EPA) Ansätze diskutiert, die es ermöglichen, für computerimplementierte Erfindungen Patente zu erlangen. Die Beschwerdekammern des EPA haben hierbei eine entscheidende Rolle gespielt.
Zu den wegweisenden Entscheidungen im Bereich der Patente für computerimplementierte Erfindungen zählt T 258/03 von 2004. Gegenstand war eine Software zur Unterstützung von Auktionen. Die Software hatte zum Ziel, das Bieterverfahren zu optimieren. Sie ermöglichte Bietern, Gebote vorab abzugeben, die bestimmte Parameter erfüllten, um bei Online-Auktionen das Synchronisationsproblem zu lösen.
Die Kammer stellte klar, dass die bloße Implementierung einer Geschäftsmethode auf einem Computer in der Regel nicht ausreichend ist, um eine technische Wirkung zu erzielen. Maßgeblich ist, dass die Software selbst einen technischen Beitrag leistet, beispielsweise durch die Verbesserung der Effizienz des Computersystems oder die Steuerung eines technischen Prozesses. In der Entscheidung wurde betont, dass die beanspruchte Erfindung eine „technische Wirkung“ erzielen muss, die über die normale Interaktion von Software und Hardware hinausgeht. Dies war bei der gegenständlichen Software, insbesondere durch die ausreichende Beschreibung der Verfahrensparameter, der Fall.
Eine neuere Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA (G1/19) von 2021 thematisiert beispielsweise die Patentierbarkeit von Computer-implementierten Simulationen. Die Beschwerdekammer hat bestätigt, dass Simulationen auch patentierbar sind. Die Entscheidung stellt klar, dass es für die Patentierbarkeit nicht erforderlich ist, dass eine Simulation direkt auf eine physische Realität einwirkt. Ausschlaggebend ist weiterhin der technische Charakter der patentierten Lehre.
In Bezug auf das Beispiel von Simulationen ist eine präzise und nachvollziehbare Beschreibung der implementierungsrelevanten Merkmale erforderlich, die in den spezifischen Kontext des zu lösenden Problems gestellt werden müssen. Dies umfasst beispielsweise die Organisation der Daten sowie des Speichers, den besonders angepassten Programmablauf und die Ein- und Ausgabewerte der Simulation. Darüber hinaus sind auch die Verbindung der Simulation zur physikalischen Welt und die Nutzung der Ergebnisse der Simulation zu berücksichtigen.
Fazit
Die Patentierung von Software als Computer-implementierte Erfindung ist möglich, wenn sie eine klare technische Lösung für ein konkretes technisches Problem bietet. Dabei spielen die Verknüpfung mit Hardwarekomponenten oder die Darlegung spezifisch technischer Effekte eine wesentliche Rolle. Die pauschale Behauptung, dass Software patentrechtlich nicht schutzfähig sei, ist daher nicht korrekt. In Zeiten zunehmender Digitalisierung empfiehlt sich eine genaue Prüfung, ob eine softwarebasierte technische Lösung nicht doch schutzfähig ist.